Voerde am Niederrhein war am Freitagabend ziemlich leer. Nicht, dass ich jetzt mit Erfahrungswerten aufwarten könnte. Hin und wieder führte ein motorisierter Proll seinen Hirnersatz geräuschvoll vor, aber das war‘s dann auch. Der restliche Teil des Jungvolks schien geflohen oder nicht existent. Nun, die großen Zentren Oberhausen, Duisburg und Düsseldorf sind ja nicht weit. Wer bleibt da schon in Voerde? Eine kleine Schar unbeugsamer, der Abgeschiedenheit trotzender Musikfreunde wartete dann aber doch bereits darauf, dass das INDEX (ehem. Stone) seine Türen öffnet, als auch ich meinen Weg dorthin fand. Ich hoffte, dass die meisten der Wartenden von der zu angekündigten Musik angelockt wurden, doch die versprochenen 500 Liter Freibier zur einjährigen Jubiläumsfeier des Clubs waren für so manchen vielleicht eher das Hauptargument. »Whatever!« Ich wollte die Band sehen. Und hören. Und das tat ich. Beides. Nachdem der lustige Vorsänger Olli Schulz sein liedermacherartiges Programm beendet hatte (und fast jeden Song mit »…und das war der Song« nerv), das zwar ganz amüsant, aber dann doch nicht so mein Ding war, gab‘s erstmal die obligatorische Umbaupause. Bier holen. Und dann kamen vier Investmentbänker und ein Schlagzeuger auf die Bühne. »Mann, die sehen ja fast alle gleich aus!« dachte ich noch so bei mir. Die Investmentbänker (fieses Wort im Übrigen) waren Kettcar. Und die rockten! Und zwei von ihnen sind Brüder, was die Ähnlichkeit erklärt. Der dritte Ähnliche ist Reimer, aber so ähnlich ist der auch wieder nicht. Reimer und Sänger Marcus erzählen auch schon mal lustige Sachen zwischen den einzelnen Titeln, einfach so. Und wenn das Publikum schlecht singt, wird es gebeten, doch bitte aufzuhören — ich habe gelacht und (weiter) mitgegröhlt soweit ich die Texte bereits kannte (andere hatten mir da noch einiges voraus, vor allem die auf der Bühne). Nun, was ist zum Auftritt noch zu sagen? Ach ja: Sie rockten! Hab ich schon geschrieben? Egal, kann ruhig nochmal erwähnt werden. Das Ganze ist ein wenig schroffer und roher als auf den Tonträgern, aber nicht viel. Man kann alles ganz wunderbar erkennen. Nur bei »Im Taxi weinen« hatte ich das Gefühl, dass Marcus seine Stimme erstmal wieder auf der Tonleiter einsortieren musste. Die ersten Zeilen klangen mir da irgendwie etwas daneben. Verziehen. Kettcar live seien hiermit also empfohlen. Nach dem Konzert ging es dann im Club ganz normal mit »Diskow« (wie Reimers Vater angeblich immer sagte) weiter. Und das war gut so. Denn über diesen Teil des Abends hatte ich mir im Vorfeld einfach gar keine Gedanken gemacht (der seltene Plusquamperfekt!). Wäre nach dem Konzert Schluss gewesen, hätte ich wohl Voerde erkundet, oder auf einer Parkbank geschlafen, da der erste Zug in Richtung Aachen erst um kurz vor fünf fuhr. Aber dieses Problem trat gar nicht erst auf. Dafür sorgten die Chili Peppers, die Strokes, die Beatsteaks, Angelika Express, QOTSA, Tool, Rage Against The Machine, System Of A Down und die White Stripes. Und das sind nur die, dich ich im Handy notiert habe. Da lief doch mal GUTE MUSIK! Ich war angenehm überrascht, ja geradezu begeistert (hab‘s mir natürlich nicht anmerken lassen). Und überhaupt wurde getanzt. Auch im zweiten, kleineren Bereich, wo eher so die elektronische Schiene befahren wurde, die ich ja gerne mit Designer-Mucke umschreibe. Ich blieb vorn bei den E-Gitarren. Zwischendurch mal schnell zum Stand und die Kettcar-LP beim Reimer gekauft, der völlig verschwitzt selbst verkaufte und sogar noch in der Lage war, meine durchgereichte Beschwerde über die Fehl-Ankündigung von Holger K. von Pale (Achtung! PopUp-Blocker ausschalten grrr) in Stemwede aufzunehmen und zu verarbeiten. Netter Kerl, der Reimer… und standing ovations. [Link]
Ich danke der Academy
fab1An
@fab1An